Heute haben mich mal wieder alle guten Geister verlassen. Mein Mann ist ab auf den Berg, das Wetter wunderschön und meine Laune im Keller.
Meine Kinder wollten genau das Gegenteil von dem, was ich wollte. Alles schwierig, alles mühsam und ich voller Zweifel warum ich diesen schönen Tag nicht auf die Reihe kriege. Nach 2 Stunden basteln (ich hasse basteln und wollte lieber ans Theater-Spektakel) war meine Laune immer noch unterirdisch. Nach einem genervten gemeinsamen Nachtessen mit meinen Girls habe ich mich ins Schlafzimmer geflüchtet und wollte die ganze Welt nicht mehr sehen. Da kam mir die neuste Ausgabe von Flow in den Sinn, die schon seit Tagen jungfräulich rumliegt.
Es war eine Offenbarung. Bereits das Editorial hat mir tief aus dem Herzen gesprochen. Die Chefredaktorin wünscht sich, dass mal niemand etwas von ihr möchte (ja!), sie besser nein sagen könnte (ja!), sie jede Minute zweimal vergeben möchte (ja!). Ich merkte, das ist jetzt genau meine Lektüre und las weiter.
Den Artikel über die Kunst sich zu streiten. Ob mit Familie oder Freunden, manchmal hat man es einfach nicht im Griff. Die Tips regen zum nachdenken an und ich nehme sie dankbar entgegen. Oder die Geschichte von Dirk Darmstaedter, seine Kindheit, sein Leben und sein Drang genau das zu tun, wofür er sich berufen fühlte - sein Leben lang. Ich habe mich gefreut, daran teilhaben zu können.
Beim Artikel über das innere Unbehagen und das Gefühl nicht gut genug zu sein, bin ich dann vollends bei meiner momentanen Verfassung angekommen. Jeder hat Selbstzweifel, ich habe ganz viele: Bin ich eine gute Mutter? Sollte ich nicht immer Herr der Lage sein? Lieben mich meine Kinder auch dann noch, wenn ich sie eigentlich gerade gar nicht leiden kann (und wohl mich am allerwenigsten)? Warum schaffe ich es nicht konsequenter zu sein, endlich ein paar Dinge anzupacken, die ich schon ewig vor mich hin schiebe, meinem Umfeld mehr Gutes zu tun, mir mehr Gutes zu tun. Es ist diese innere Unruhe, diese Getriebenheit nicht allen und allem gerecht zu werden. Und ich lese, dass es dort beginnt, dass man sich selber erst mal gern haben muss. Ok, da gibt es noch Potenzial nach oben. Im Artikel gibt es eine super Stelle, die könnte ich gleich auf mich adaptieren: "Im Grunde wäre ich gerne eine Version 2.0 meiner selbst, mit mehr Megapixeln, Speicherplatz und mehr Extras."
Tja und dann sagen alle anderen, dass man doch so stark ist und alles im Griff hat und so organisiert und soviel gebacken kriegt. Und dann frage ich mich, wie es kommt, dass mein Selbstbild und mein Fremdbild so auseinander driften. Aber dann habe ich weitergelesen und fand eine Stelle, die ich ebenfalls bejahen konnte: "Letzten Endes ist zum Glück kaum jemand gänzlich unzufrieden mit sich selbst. Tief in uns tragen wir doch meist die Gewissheit, dass wir keine schlechte Menschen sind. Und dass es einen wertvollen inneren Kern gibt, aus dem bei guter Pflege eine schöne und kräftige Pflanze werden kann."
Besinne Dich auf Deine eigenen Qualitäten und konzentriere Dich darauf sie weiterzuentwickeln.
Genau das werde ich tun. Den Glauben nicht aufgeben, mich immer wieder aufraffen und versuchen dran zu bleiben. Mich gern haben und für mich da sein. Schöne Vorsätze und es ist noch nicht mal Silvester. Meine Laune ist schon bedeutend besser. Meine Grosse kommt zur Tür herein und fragt, ob sie mir Gesellschaft leisten darf. Natürlich darf sie. Sie guckt die Bilder an, ich lese weiter und ich bin glücklich, dass sie da ist. Denn sie schafft es immer, dass ich mich wieder besser fühle. Und ich lese weiter und freue mich, dass es noch soviele weitere Geschichten hat in diesem Heft, die mich noch bereichern werden.